Jurek Becker
Der Schriftsteller Jurek Becker wird 1937 im polnischen Lodz geboren. Der Sohn einer jüdischen Familie muss einen Teil seiner Kindheit im Ghetto Lodz und in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen verbringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebt er in Berlin, wo er von 1957 bis 1960 Philosophie studiert.
Jurek Becker tritt 1957 in die SED ein, gerät aber schon früh in Konflikt mit dem Staat. Aus politischen Gründen wird er vom Studium ausgeschlossen und seit 1959 permanent von der Stasi überwacht. Anfang der 1960er Jahre beginnt Jurek Becker, Drehbücher zu schreiben, und arbeitet bald als freier Schriftsteller. Sein Roman „Jakob der Lügner“ ist ein großer internationaler Erfolg und wird mehrfach verfilmt. Jurek Becker ist wie Stephan Hermlin einer der wenigen Schriftsteller, die öffentlich gegen den Ausschluss von Reiner Kunze aus dem Schriftstellerverband Anfang November 1976 protestieren.
Am 17. November 1976 gehört Jurek Becker zu den Erstunterzeichnern des Offenen Briefs gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Am selben Abend hält der Schriftsteller eine Lesung in Jena. Dort verliest er ebendiesen Brief, den man ihm kurz zuvor erst am Telefon vorgelesen hatte, vor Dutzenden Zuhörern. Gemeinsam mit seinem Publikum diskutiert er die Ausweisung des Liedermachers, bis der Veranstalter aus Angst vor den Folgen die Lesung abbricht.
Jurek Becker, den eine enge Freundschaft mit dem Schauspieler Manfred Krug verbindet, wird am 7. Dezember 1976 zum Sekretär für Kultur der SED-Bezirksleitung Berlin zitiert. Der Sekretär versucht, ihn auf die Parteilinie zurückzubringen. Doch Jurek Becker steht zu seiner Unterschrift. Im Protokoll des Gesprächs heißt es: „Ich habe das ja nicht gemacht oder unterschrieben, um mir zu beweisen, was ich für ein anständiger Kerl bin, was für einen Charakter ich habe. [...] Ich wollte damit Biermann zurückkriegen.“
1977 tritt Jurek Becker aus dem DDR-Schriftstellerverband aus. Daraufhin wirft ihn die SED aus der Partei. Im selben Jahr siedelt er in die Bundesrepublik über, wo er weiter erfolgreich als Drehbuchautor („Liebling Kreuzberg“) und Schriftsteller arbeitet. Jurek Becker stirbt 1997 in Berlin.
Zitierempfehlung: „Jurek Becker“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung März 2016, www.jugendopposition.de/145379